Handball Schweiz • 21.03.2022
400 Schülerinnen und Schüler, sieben Spielfelder, rund vierzig Helfer vor Ort - das erste Tessiner Schulhandball-Turnier diese Woche hat sich zu einem Grossanlass gemausert. Vereinspräsident Nicola Bignasca erzählt im Interview, wie alles begann und welche Ziele sich Pallamano Ticino mittelfristig gesetzt hat.
Nicola Bignasca, diese Woche findet in Tenero das erste Tessiner Schulhandball-Turnier statt. Wie geht es dir im Moment?
Nicola Bignasca: Ich habe die letzten Tage damit verbracht, den Spielplan zu finalisieren und mich mit den rund vierzig Helferinnen und Helfern abzusprechen. Sie alle nehmen am Dienstag extra einen Tag frei, um an dem historischen Anlass im Tessin mithelfen zu können. Die Vorfreude ist gross und ich bin zuversichtlich, dass alles gut laufen wird – ich kann auf viele Freunde zählen, die sich mit ihrer Erfahrung und Begeisterung für den Handball einsetzen.
Der Verein Pallamano Ticino ist 2017 gegründet worden und wächst seitdem kontinuierlich. Was war der Auslöser dafür in einem Kanton, in dem der Handballsport kaum bekannt ist?
Nicola Bignasca: Es hat alles mit einem italienischen Handballtrainer begonnen, der nach Bellinzona gezogen ist, Antonio Marano. Bei seiner Ankunft sah er, dass es keinen Verein gab und auch in den Schulen kein Handball gespielt wurde. Daraufhin hat er in einer Primarschule ein freiwilliges Schulsportangebot auf die Beine gestellt. Mein Sohn war damals einer der ersten Schüler, die daran teilgenommen haben – und als er mit Antonio nach Italien an ein Turnier fahren wollte, habe ich ihn begleitet. Dieser Tag war für alle etwas Besonderes, sowohl für die Spieler als auch für die Begleiter. Ein richtiges Aha-Erlebnis! Ich habe damals viel mit Antonio darüber gesprochen, dass es im Tessin keinen Verein gab. Er ist ein sehr guter Trainer, und ich konnte meine Erfahrung im Vereinsmanagement und meine Kontakte in der Sportwelt einbringen. Mit vereinten Kräften haben wir den Verein Pallamano Ticino gegründet, den ersten italienischsprachigen Verein des Verbands.
Nicola Bignasca (hier rechts mit Daniel Willi) ist Präsident des Vereins Pallamano Ticino. Der 55-Jährige hat zwei Kinder und ist Kommunikationsverantwortlicher des nationalen Jugendsportzentrums in Tenero. Neben dem Sport gilt seine Leidenschaft der Literatur. Er ist Autor des Romans «Der regenbogenfarbige Schiedsrichter».
Seit dieser Saison bietet der Verein Handball-Demolektionen in den Tessiner Schulen an. Warum erst so spät?
Nicola Bignasca: Während der ersten Jahre war unser wichtigstes Ziel, die Grundlagen des Vereins zu stärken, Hallen und Trainer zu finden und seit kurzem auch Schiedsrichter. Der Auslöser für eine breitere Handballförderung im Kanton kam letztes Jahr: Damals lancierte das Tessiner Sportamt einen Aufruf für Projekte, mit denen die Jugendlichen nach der Pandemie wieder vermehrt Sport treiben sollten. Da habe ich eine gute Gelegenheit gesehen, um das SHV-Programm «Handball macht Schule» aufzubauen. Als einziger Handballverein und mit einem fixfertigen Programm haben wir rasch die Zustimmung für unsere Initiative erhalten und alle Primarschulen in Bellinzona angeschrieben. Das Interesse war enorm! So sehr, dass wir den SHV um ein grösseres Kontingent gebeten haben, um alle HmS-Lektionen leiten zu können.
Der Erfolg spiegelt sich auch in den Anmeldungen zum Schulhandball-Turnier wider, das am Dienstag im nationalen Jugendsportzentrum (CST) in Tenero mit rund 400 Schulkindern stattfinden wird. Wie erklärst du dir diesen Ansturm?
Nicola Bignasca: Im Herbst hat das Tessiner Fernsehen RSI einen Bericht über unseren Verein und das Angebot gesendet – danach haben sich sehr viele Lehrpersonen bei uns gemeldet und wollten eine HmS-Lektion mit Antonio buchen. Aufgrund der Pandemie waren die Anmeldungen aber zunächst recht zögerlich, erst Mitte Februar hat sich die Mehrheit der Klassen angemeldet. Schlussendlich wird das Turnier mit 48 Teams und auf sieben Spielfeldern stattfinden. Dank meiner Kollegen vom CST haben wir die nötigen Infrastrukturen kurzfristig dazu mieten können.
Welches mittelfristige Ziel verfolgt der Verein mit seinem HmS-Angebot?
Nicola Bignasca: In einem ersten Schritt haben wir uns auf die Gemeinde Bellinzona konzentriert, obwohl das Interesse auch in anderen Regionen zu spüren ist. Zum Beispiel in Biasca, aber auch in Tenero, Locarno und Lugano. Unser Angebot hängt natürlich stark mit den verfügbaren Infrastrukturen ab, denn wir wollen unsere Sportart regelmässig anbieten können. In Biasca haben wir nun die Möglichkeit, in einer Halle ein Training anzubieten, darum werden wir den zweiten Schritt in diese Region machen.
Der 51-jährige Antonio Marano spielte und trainierte unter anderem bei Pallamano Vasto (Region Abruzzen). «Ich wollte den Jugendlichen einen Sport zeigen, in dem nicht ein Spieler die Nummer eins ist, sondern in dem jeder und jede zum Erfolg des Teams beiträgt», erklärt er. Heute ist Marano HmS-Botschafter und U11-Verantwortlicher von Pallamano Ticino.
Und was sind eure langfristigen Ziele?
Nicola Bignasca: Unser zugegeben ehrgeiziges Ziel auf lange Sicht besteht darin, im ganzen Tessin Vereinsstrukturen aufzubauen und diese mit einem Kantonalverband zu unterstützen. Konkret heisst das, dass für die grosse Mehrheit der jungen Tessiner, also 80 Prozent, ein Handballangebot in einem Umkreis von weniger als 20 Minuten Fahrtweg zur Verfügung stehen soll. Für dieses Projekt arbeite ich eng mit Daniel Willi, Leiter Regionen und Vereine beim SHV, zusammen, damit wir über die Stiftung Pro Handball die nötigen finanziellen Mittel erhalten.
Dein Engagement im Verein und für den Handballsport ist riesig, genauso wie jenes von Antonio Marano. Was motiviert euch, woraus schöpft ihr eure Energie?
Nicola Bignasca: Ich habe selber immer in der Sportförderung gearbeitet, zunächst als Sportlehrer und später beim Bundesamt für Sport. Auch heute ist das noch mein Spezialgebiet und im Handball kann ich Sportförderung direkt an Ort und Stelle betreiben. Antonio lebt für den Handball, das ist seine Leidenschaft. Er als Ausbildner und ich als Sportförderer – wir ergänzen uns bestens.
Zum Abschluss: Was wünscht du dir für diese erste Ausgabe eines Tessiner Schulhandball-Turniers?
Nicola Bignasca: Mein Wunsch ist, dass jedes Kind, das am Turnier teilnimmt, ein Tor schiesst und sich am Ende des Tages über seine Teilnahme freuen kann.
Der SHV ist der nationale Fachverband und das Kompetenzzentrum für den Handballsport in der Schweiz.
Der SHV ist Mitglied von Swiss Olympic sowie des Weltverbands IHF und der Europäischen Handball Föderation EHF.
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