Felix Spengler/Finn Woschitz: «Respekt ist keine Einbahnstrasse»

Handball Schweiz  •  28.05.2024

Felix+Finn SR

An den diesjährigen Swiss Handball Awards am 4. Juni in Baden wird in der Kategorie Schiedsrichter zum ersten Mal ein Nachwuchs-Duo für sein Engagement ausgezeichnet. Nominiert sind insgesamt drei Referee-Paare, die trotz ihres jungen Alters bereits im Elite- oder Förderkader des SHV stehen. Handball.ch stellt die sechs Unparteiischen in einer Interview-Serie vor. Den Anfang machen Felix Spengler (20) und Finn Woschitz (19).

Warum seid ihr Schiedsrichter geworden?

Felix Spengler: Unser Verein organisiert U11-Spielturniere, wobei die Spieler der älteren Teams als Schiedsrichter oder Helfer agieren. Auch dank einer guten Betreuung an diesen Spieltagen hatte ich Spass am Pfeifen und wurde beim nächsten Mal erneut angefragt. Ich kam also eigentlich nicht mit Absicht, sondern als Helfer zum Schiedsrichtern.

Finn Woschitz: Ich habe schon früh mein Interesse an diesem Teil des Handballs entdeckt und habe in Trainings und vereinsinternen Turnieren gepfiffen. Dies hat mir sehr Spass gemacht und deshalb habe ich mich dann mit anderen für den Verbandskurs angemeldet.

Was fasziniert euch am meisten an euren Aufgaben?

Felix Spengler: Der Handballsport ist extrem schnell. In Sekundenbruchteilen müssen Entscheidungen korrekt getroffen werden. Diese Leistung über 60 Minuten konstant zu halten, ist eine echte Herausforderung.

Finn Woschitz: Als Schiedsrichter müssen wir unsere Entscheidungen nicht nur schnell treffen, sondern diese auch souverän verkaufen. Dabei arbeiten wir auch unter einem gewissen Druck, sei es von den Spielern oder dem allgemeinen Umfeld, was einen noch mehr pusht.

Welche Erfahrungen helfen euch auch in anderen Bereichen im Alltag?

Finn Woschitz: Der Umgang mit Druck und Stress ist bei mir sicherlich im Privatleben besser geworden, seitdem ich Schiedsrichter bin. Man lernt, zu seinen Entscheiden zu stehen und mit eigenen Fehlern umzugehen.

Felix Spengler: Ganz ehrlich: Als junger Schiedsrichter in den Aktivligen gegen gestandene Spieler Entscheide zu verkaufen, ist nicht einfach. Mit der Zeit entwickelt man aber ein Gefühl dafür und das so erlernte Durchsetzungsvermögen hilft sicher im Alltag.

Muss man sich als Nachwuchs-Schiri ab einem gewissen Niveau mehr beweisen als erfahrenere Kolleg*innen?

Felix Spengler: Grundsätzlich begegnen wir uns auf dem Handballfeld alle auf Augenhöhe. Zu Beginn ist es aber ganz normal, dass man etwas kritisch angeschaut wird. Mit einem souveränen und klaren Auftreten haben wir es jedoch in der Hand, uns den Respekt zu erarbeiten. Kommt nach dem Spiel ein Spieler, Trainer oder Zuschauer zu uns und lobt uns, dann ist das auch ein Lohn für unsere Arbeit.

Finn Woschitz: Da stimme ich Felix zu, in einer neuen Liga muss man sich immer beweisen, ganz unabhängig vom Alter. Tatsächlich haben wir aber wohl auf den ersten Blick eine andere Wirkung als ein 35-Jähriger, 2 Meter grosser Schiedsrichter ... Ich sehe das eher als Herausforderung, mit unserer Leistung zu überzeugen. Respekt ist keine Einbahnstrasse und so versuchen wir auch, auf die Spieler und Trainer einzugehen.

Was bedeutet die Nominierung als bestes Nachwuchs-SR-Paar für euch?

Felix Spengler: Der Preis (neu für Nachwuchs-Schiedsrichter, A.d.R.) ist cool, da so auf das Schiedsrichterwesen und insbesondere junge Schiedsrichter aufmerksam gemacht wird. Die Nominierung ist für uns natürlich eine schöne Geste. Es zeigt, dass wir uns bis jetzt auf dem richtigen Weg zu befinden scheinen. Darauf ausruhen werden wir uns sicherlich nicht.

Finn Woschitz: Es ist eine grosse Ehre und Anerkennung für die Arbeit, die wir in den vergangenen Saisons geleistet haben. Vor allem, dass wir zusätzlich noch das jüngste nominierte Paar sind, macht mich stolz. Umso grösser ist der Anreiz, in der kommenden Saison zu zeigen, was wir können und dass diese Nominierung gerechtfertigt ist. Wir werden weiter an uns arbeiten, denn verbessern kann man sich immer.

Welche Ziele oder Pläne habt ihr als Schiedsrichter?

Felix Spengler: Ab der Hälfte der vergangenen Spielzeit konnten wir Erfahrungen in der NLB sammeln. In der kommenden Saison möchten wir eine konstante, souveräne Leistung auf diesem Niveau erreichen, und auch in der SPL1 Partien leiten. 

Finn Woschitz: Mittelfristig ist ein Aufstieg in die QHL sicher unser grosses Ziel. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, wäre auch eine Aufnahme ins Förderprogramm der EHF sicherlich ein grosser Schritt. 

Was war bislang euer eindrücklichstes Erlebnis als Schiedsrichter?

Felix Spengler: Speziell war sicher, den Junioren U15 Final an den Lundaspelen in Schweden, das grösste Indoor-Handballnachwuchs-Turnier, zu pfeifen. Da wurde uns ein grosses Vertrauen seitens der Verantwortlichen entgegengebracht. Aber auch das NLB Derby des HC Arbon gegen Gossau vor 750 Zuschauern war aufgrund der tollen Stimmung unvergesslich.

Finn Woschitz: Ein einzelnes Erlebnis herauszuheben, finde ich sehr schwierig. Neben dem erwähnten Finale in Schweden bleibt mir sicher unser NLB-Debüt in Erinnerung und das Mobiliar Cup U18 Finale, das wir diese Saison leiten durften. Letzteres beeindruckte mich vor allem durch die ganze professionelle Organisation und Durchführung (Kameras, Zeitplan, Disziplinarkommission vor Ort etc.).

Der Verband braucht dringend mehr Referees, auf Social Media läuft neu ein eigener Kanal – was braucht es eurer Meinung nach noch, um mehr Interessierte für das Amt zu gewinnen?

Felix Spengler: Ich wünsche mir von den Vereinen noch mehr Engagement. Viele Vereine haben das Thema Schiedsrichter in den letzten Jahren etwas vernachlässigt, klagen am Wochenende jedoch, wenn sie einen «zu alten» Schiri haben. Tatsächlich pfeifen diese Schiedsrichter jedoch nicht selten bis zu 5 Spiele am Wochenende und halten so den Spielbetrieb überhaupt aufrecht. Vereine sollten sich wieder vermehrt um die Schiedsrichtergewinnung kümmern, denn wie sagt man so schön: «No ref, no game».

Finn Woschitz: Jede Spielerin und jeder Spieler sollte mal selbst an U9-U13 Turnieren Spiele geleitet haben und einen groben Eindruck der Rolle als Schiedsrichter zu bekommen.  Ich finde, dass jeder Verein die Verantwortung trägt, für Schiedsrichter-Nachwuchs zu sorgen. Der Verband steht als Unterstützung bei der Umsetzung oder der Planung gewisser Anlässe zur Verfügung. Wir engagieren uns auch als Gebietsverantwortliche in der SR-Gewinnung und unterstützen Vereine gerne!

Über das SR-Duo

Felix Spengler, 20 Jahre, aus Schaffhausen. Seit 2019 Schiedsrichter seines Vereins KJS Schaffhausen. Spengler studiert an der ETH Zürich (Maschinenbauingenieur). Neben seinen Aufgaben als Referee ist er auch SR-Betreuer und Gebietsverantwortlicher für Neu-Schiedsrichter in der Region Zürich / Schaffhausen. 

Finn Woschitz, 19 Jahre, kommt ebenfalls vom KJS Schaffhausen und hat dort alle Juniorstufen durchlaufen. Er studiert Humanmedizin in Bern und ist seit 2019 Schiedsrichter. Gleichzeitig betreut er junge Schiedsrichter, ist Gebietsverantwortlicher für Aspiranten und Instruktor in der SR-Ausbildung.

Quelle: Carolin Thevenin (Interview), Michele Murena (Bild)

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