Michael Suter: «Das ist wirklich eine schöne Geschichte»

Nationalteam Männer  •  18.06.2019

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Nationaltrainer Michael Suter hat die A-Nationalmannschaft erstmals seit 2006 an eine EM-Endrunde geführt. Im Interview blickt er zurück auf das Spiel in Serbien, auf die Saison als Ganzes und auf den zurückgelegten Weg seit der erstmaligen Qualifikation für eine Junioren-Europameisterschaft vor fast einem Jahrzehnt.

Michael Suter, die Qualifikation für die EM-Endrunde ist geschafft. Wie fühlt es sich an?

Michael Suter: Ich beginne erst langsam, es zu realisieren. Wir haben so lange auf dieses Ziel hingearbeitet, der Druck war immens. Dazu kam, dass die Konstellation mit der Ausgangslage nicht einfach war. Wir wollten in Serbien auf Sieg spielen, und offensiv lief es in der ersten Halbzeit wie am Schnürchen. Defensiv haben wir aber den Zugriff nicht gefunden.

Das wurde dann genau in der entscheidenden Phase deutlich besser.

Michael Suter: Ich habe den Jungs in der Pause gesagt, dass das jetzt die Halbzeit der Deckung werden muss. Zunächst hat es zwar wieder nicht so ausgesehen, aber in der letzten Viertelstunde war es der Schlüssel zum Erfolg. Ein grosses Kompliment dabei an Lukas von Deschwanden, der ein schwieriges Jahr hatte und aus einer Verletzung zurückkam. Er hat seinen Job super ausgefüllt. Es war von langer Hand geplant, dass er auf das Spiel in Serbien zurückkommt, genau für diese Aufgabe. Dass es so gut funktioniert hat, mag ich ihm enorm gönnen. Das war sehr wichtig für die Mannschaft. Danach fanden alle ins Spiel.

Sind zwischendurch mal Zweifel aufgekommen, als der Rückstand grösser wurde?

Michael Suter: Der Zweifel ist in so einer Situation nie ein guter Ratgeber. Wir haben immer daran geglaubt. Von minus fünf in dieser Atmosphäre aber wieder ins Spiel zu finden, war schon eine reife Leistung. Die ganze Mannschaft verdient ein grosses Kompliment dafür.

Die Schweiz hat auf dem Weg an die EM-Endrunde eine Mannschaft aus den europäischen Top 16 hinter sich gelassen. Das ist lange nicht mehr gelungen.

Michael Suter: Das war unser Ziel. Wir sind als Nummer drei der Gruppe gestartet und wollten einen der beiden Grossen hinter uns lassen. Ich habe immer gesagt, dass wir dafür nominell stärkere Gegner besiegen müssen. Wir sind in dieser schwierigen Gruppe mit Belgien aber auch gegen einen sehr unangenehmen Aussenseiter souverän geblieben. Das alles waren ganz wichtige Schritte. Vor allem wenn wir bedenken, dass unser Team in der Breite immer noch sehr jung ist.

Was hat die Stärke dieser Mannschaft insgesamt ausgemacht?

Michael Suter: Es hatte einfach alles, was es brauchte. Im Angriff waren wir unter der Führung eines überragenden und extrem motivierten Andy Schmid, der das Ziel unbedingt erreichen wollte. Das hat uns sehr geholfen. Es haben aber alle Spieler einen grossen Beitrag zu diesem Erfolg geleistet. Andy wurde links und rechts gleich von mehreren Spielern gut assistiert, zum Beispiel in Serbien mit einem grossartigen Match von Dimitrij Küttel. Dazu kam dort eine herausragende Leistung von Cédrie Tynowski.

In den letzten beiden Spielen waren wir aufgrund der defensiven Ausfälle auf starke Offensivleistungen angewiesen. In den Partien zuvor verfügten wir über eine enorme defensive Stabilität. Wir hatten über die Saison starke Leistungen auf allen Positionen, und als Basis hatten wir jederzeit eine funktionierende Struktur. Dazu haben wir immer gekämpft und nie aufgegeben. Wir wollten stets auf das Niveau kommen, das gegen diese Topteams gefordert ist. Und es freut mich sehr, dass es so gut aufgegangen ist.

Im Jahr 2010 gelang mit dir als Nationaltrainer die erste Qualifikation für eine Endrunde mit einer Junioren-Nationalmannschaft, in der Folge sind bis 2016 unter deiner Führung neun weitere Qualifikationen für Nachwuchs-Endrunden hinzugekommen. Jetzt gelang endlich wieder der Sprung an die EHF EURO mit der A-Nationalmannschaft. Was bedeutet das für den Schweizer Handball?

Michael Suter: Diese Einordnung sollen andere vornehmen. Ich habe immer daran geglaubt, dass es möglich ist. Es ist wirklich eine schöne Geschichte, dass wir vor fast einem Jahrzehnt die erste Qualifikation für eine U18-EM geschafft haben. Mit Marvin Lier am linken Flügel, mit Nikola Portner im Tor, oder mit Nicolas Raemy im Rückraum. Allesamt Spieler, die heute Leistungsträger sind. Und nun sind wir endlich wieder an der EM mit der A-Nationalmannschaft. Das zeigt, dass der Weg richtig war.

Die Entwicklung ist beeindruckend. Und ging so gesehen eigentlich sogar relativ schnell.

Michael Suter: Wir haben nie vergessen, wo wir herkommen. Die Schweiz war während vieler Jahre weit von einer EM-Endrunde entfernt. Der Auftrag war zwar 2020, aber wir haben gewusst, dass das früh kommt und schwierig wird – weil die Qualifikation für dieses Turnier ja bereits im Jahr 2018 begann. Es geht aber ohnehin nicht um eine einzelne EM-Teilnahme. Es soll den Schweizer Handball insgesamt weiterbringen. Wir wollen begeistern, und wir spüren, dass sich die Leute wieder mit unserer Mannschaft identifizieren. Die Hallen füllen sich, das ist eine grosse Wertschätzung für unser Tun. Und wir arbeiten weiter in diese Richtung. Wir wollen, dass die positive Entwicklung so nachhaltig wie möglich ist.

Quelle: Marco Ellenberger / Bild: Alexander Wagner.

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