Week of the Referee: «Wir brauchen Vorbilder – auf und neben dem Feld»

Handball Schweiz  •  22.11.2019

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Vom 16. bis 24. November wird im Handball wieder die Aktionswoche «Week of the Referee» durchgeführt. Neben den grünen Pfeifen, welche die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter als Erkennungszeichen tragen, wird das Thema kommunikativ begleitet. Schiedsrichter Dimitri Costa über Vorbilder.

«Bei jedem Handballspiel sind sie da. Unauffällig und ruhig, aber mit einer lauten Pfeife. Sie sorgen mit ihren Entscheidungen für ein geregeltes Spiel. Ich spreche von den Schiedsrichtern.

An jedem Wochenende finden in der Schweiz hunderte von Meisterschaftsspielen statt. Und bei jedem Spiel sind ein oder zwei Schiedsrichter aufgeboten. Unzählige Handballfreunde investieren dabei freiwillig ihre Freizeit, um dem Hobby Schiedsrichter nachzugehen. Nach dem Grund gefragt, sind sich die meisten Referees einig: «Weil es Spass macht.»

Doch was zuletzt teilweise in den Hallen vorgefallen ist, hat rein gar nichts mehr mit Spass zu tun. Gerade in Ligen, in denen meist um die goldene Ananas gespielt wird und der Spassfaktor viel höher zu gewichten wäre als das nackte Resultat, spielen sich oft inakzeptable, ja skandalöse Szenen ab: Spieler diffamieren bereits vor dem Spiel den Schiedsrichter; Eltern können sich bei Partien ihres Nachwuchses oft nicht zurückhalten und nehmen insbesondere bei jungen Unparteiischen von den Zuschauerrängen derart Einfluss, dass das Spiel ausser Kontrolle gerät. Und Trainer akzeptieren bei allen Spielern Fehler, bei falschen Entscheidungen des Referees toben sie aber an der Seitenlinie wie Berserker.

Besonders schockierend waren die jüngsten Schlagzeilen aus dem Fussball mit gewalttätigen Übergriffen auf Referees. Dass es zu körperlicher Gewalt kommt und dabei ein Schiri krankenhausreif geprügelt wird, ist schlicht unfassbar.

Faires Spielen und faires Verhalten sind unverzichtbare Bestandteile des Handballsports. Wir alle tragen die Verantwortung, Respekt und Fairness an die nächsten Handballgenerationen zu vermitteln. Wir alle – ob Schiedsrichter, Trainer, Spieler oder Zuschauer – sind für den Nachwuchs die grossen Vorbilder!

Fair Play heisst, sich auch dann sportlich zu verhalten, wenn man sich durch Entscheidungen ungerecht behandelt fühlt. Fiebern Sie mit, jubeln Sie und feuern Sie an, aber Beleidigungen und unfaire Zwischenrufe haben in der Halle nichts verloren!

Entscheidungen der Schiedsrichter müssen akzeptiert werden – auch wenn sie uns manchmal nerven. Schiedsrichter müssen ihre Entscheidungen unmittelbar treffen, da kann es auch mal zu einem Fehler kommen.

Bedenken wir, dass fast alle Schiedsrichter ihre Freizeit zur Verfügung stellen, damit der Handball mit Freude und Spass ausgeübt werden kann. Alle machen im Beruf und Privatleben Fehler und werden damit mehrmals im Leben konfrontiert. Sehen wir es positiv – unser Nachwuchs lernt auf spielerische Art und Weise im frühen Alter, auch Fehlentscheidungen zu akzeptieren und damit umzugehen.

Und zum Schluss: Seit einigen Monaten wird in der Schweiz ein neues Konzept zur Schiedsrichterausbildung angewandt. Wer sich als Schiedsrichter einsetzen will, soll stärker begleitet und gefördert werden. Dabei wird viel Wert auf die individuelle Ausbildung auf dem Handballfeld gelegt. Unterstützen auch Sie die neuen Schiedsrichter, indem Sie bei jedem Spiel ein Vorbild sind. Es wird sich lohnen.

Ich wiederhole gerne die Punkte, die bereits in der letzten Ausgabe der «Week of the Referee» angesprochen wurden:

  • Wie die Spieler dürfen auch die Schiedsrichter Fehler machen. Und diese dürfen ruhig angesprochen werden, jedoch auf eine faire und angepasste Art und Weise. Und übrigens: Es darf auch gelobt werden.
  • Der Fokus muss auf dem Spiel liegen und nicht auf den Entscheiden der Unparteiischen.
  • Die Fans sollten ihre Mannschaften anfeuern, die Trainer ihre Teams coachen und die Spieler ihr Bestes auf dem Spielfeld geben.
  • Die Referees sollten wie Freunde behandelt werden, sie sind nicht die Feinde. Auch die Schiedsrichter verrichten ihre Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen.
  • Fairplay im Handball bedeutet «miteinander» statt «gegeneinander». Regelwidrigkeiten selber zugeben oder fehlerhafte Entscheidungen zugunsten der eigenen Mannschaft mitteilen, zeugt von wahrer Grösse.

Wir Schiedsrichter sind Dienstleister für den Sport. Wir arbeiten für die Vereine und mit den Vereinen. Wir sind ein Teil der Handballfamilie und möchten auch so behandelt werden.»

Über den Autor

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Dimitri Costa ist 23 Jahre alt und seit 2016 Handball-Schiedsrichter. Er leitet aktuell mit seinem Partner Spiele im Bereich Männer 1. Liga und Frauen SPL2. Daneben nimmt er verschiedene Aufgaben im Verein und Verband wahr, unter anderem als Präsident des HRV Aargau Plus und als Gebietsverantwortlicher bei der Ausbildung von Neuschiedsrichtern. Und: trotz hoher Motivation und Selbstkritik wartet er nach eigener Aussage immer noch auf sein «perfektes» Spiel als Referee.

Quelle: Dimitri Costa

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