Die Schiedsgerichte in den Playoffs

Quickline Handball League  •  25.04.2019

Im Nachlauf der 4. Spielrunde der Playoff-Viertelfinals kam das „Schiedsgericht Playoffs“ erstmals zum Einsatz. Die Schiedsrichter mussten nämlich insgesamt dreimal die blaue Karte zeigen, in zwei Fällen kam es zu Sperren. Roland Schneider, Präsident des Verbandssportgerichts (VSG), erklärt im Interview wie die Rechtssprechung während der Playoffs funktioniert und worauf der Fokus gelegt wird.

Das Schiedsgericht kommt in den Playoffs der Swiss Handball League und dem Playoff-Final der SPAR Premium League zum Einsatz. Was hat es damit auf sich und worin liegen die Vorteile?
Roland Schneider: „Dadurch, dass die Mitglieder des Schiedsgerichts vor Ort in der Halle sind, können sie unmittelbar nach Spielschluss die Beteiligten befragen, Videomaterial sichten und noch am gleichen Abend ihr Urteil fällen. Es liegt also innert kürzester Zeit ein erstinstanzlicher Entscheid vor. Dieses Urteil ist bis zum Mittag des Folgetags anfechtbar. Der definitive Rekursentscheid (durch das VSG, Anm. d. Red.) erfolgt dann noch Gleichentags. Somit können wir deutlich vor dem nächsten Spiel ein zweites, rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil fällen.“

Wann wird das Schiedsgericht eigentlich tätig?
Roland Schneider: „Die Referees sind gehalten, in Anwendung und Durchsetzung der IHF-Spielregeln regelwidrige Attacken, die sie u.a. als besonders rücksichtslos und/oder gefährlich erachten, mit einer Disqualifikation zu bestrafen und darüber einen schriftlichen Bericht zu erstatten (rote bzw. blaue Karte, Anm. d. Red.). Gestützt auf diesen Bericht leiten die zuständigen Rechtgremien - hier das Schiedsgericht - ein Disziplinarverfahren ein und entscheiden anschliessend, ob und wie der Fehlbare zu bestrafen ist. In schweren Fällen werden die Rechtsgremien auch ohne einen solchen Bericht tätig, beispielsweise wenn hinter dem Rücken der Schiedsrichter eine Tätlichkeit begangen wird.“

Wie frei sind die Schiedsgerichte in ihrer Entscheidungsfindung?
Roland Schneider: „Die Schiedsgerichte sind unabhängig und ausschliesslich den Reglementen verpflichtet. Selbstredend orientieren sie sich auch an der gängigen Rechtssprechung im SHV, die weitgehend vom VSG vorgegeben wird.“

Eine der sanktionierten Aktionen war eine Abwehraktion im Spiel Wacker Thun gegen den HSC Suhr Aarau, bei der der Verteidiger mit beiden Händen den Angreifer im Gesicht traf. Ausgehend von diesem Beispiel, wie kommt es zur Entscheidungsfindung?
Roland Schneider: „Das VSG kommentiert den rechtskräftig entschiedenen Fall aus dem Spiel Wacker Thun gegen HSC Suhr Aarau nicht. Es weist lediglich und allgemein daraufhin, dass es immer auf die Einzelheiten im konkreten Fall ankommt und oberflächliche Fall-Vergleiche deshalb gefährlich sein können.“

Mit was für einem Strafmass können solche Verteidigungsaktionen generell geahndet werden?
Roland Schneider: „Das Wettspielreglement des SHV sieht für derartige Regelwidrigkeiten unter dem Titel "Grober Verstoss gegen die Sportlichkeit" Sperren von bis zu 6 Spielen vor. In schweren Fällen beträgt der Strafrahmen der Sperre bis zu 10 Spielen. In besonders schweren Fällen kann die Sperre auf unbestimmte Zeit erkannt werden. Hinzu kommt jeweils eine dem Strafmass entsprechende Busse.“

Was bedeutet das Urteil für den weiteren Verlauf der Playoffs?
Roland Schneider: „Wie gesagt, jeder Fall ist anders und die Schiedsgerichte sind in ihrer Arbeit grundsätzlich frei. Weil aber das VSG dem Schutz der Gesundheit und der körperlichen Integrität der Akteure vorrangige Bedeutung zumisst, wird es solche besonders rücksichtslosen, gesundheitsgefährdenden Angriffe mit im Einzelfall angemessenen, tendenziell höheren Strafen ahnden.“

Quelle: Matthias Schlageter

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